Samstag, Dezember 16, 2006
Fischerdorf Oudomxay
Oudomxay besteht aus 86 Huetten, die entlang des Flusses im Schatten von alten Obstbaeumen stehen (Mango, Papaya, Bambus, Tamarind, Kokuspalmen ...). Der Grossteil der Bewohner gehoert zu der ethnischen Minderheit der Lavaa, die neben laotisch ihre eigene Sprache haben. Es gibt keinen Strom und kein fliessend Wasser, der Wald ist die Toilette. Der Fluss bestimmt das Leben: er liefert Fisch, Trinkwasser, die Dorfbewohner waschen sich und ihre Waesche dort, er wird als Wasserstrasse genutzt. Die Kindersterblichkeit ist hoch. Ein Dorfbewohner hat uns erzaehlt, dass von seinen 10 Kindern nur fuenf ueberlebt haben. Die Menschen in Oudomxay gehen nicht zum Arzt, sondern behandeln Krankheiten mit Heilkraeutern und spirituell. Neben dem Fluss ist der Wald die zweite Lebensquelle fuer die Dorfbewohner. Sie ernten sogenannte Nichtholzprodukte wie Rattan und Bambus, gewinnen Baumharze (fuer Fakeln und zum Impraegnieren des Holzes), Pilze, Wildfruechte, Orchideen, Heilkraeuter. Sie jagen im Wald, gewinnen dort Bauholz fuer ihre Huetten und begraben ihre Toten im Wald. Reis, die wichtigste Nahrungsquelle, wird um das Dorf herum angebaut. Die meisten Waren werden getauscht und Arbeit wird meist mit Nahrungsmitteln wie einem Huhn bezahlt. Geld spielt eine untergeordnete Rolle.
Mangelernaehrung, besonders Proteinmangel, und damit verbundene Krankheiten sind ein ernstes Problem. Deswegen spielt der Fischfang eine zentrale Rolle fuer die Menschen. Die Dorfbewohner von Oudomxay haben auf Anhieb 55 Fischarten aufgelistet, die sie fangen. Sie berichten aber auch, dass es immer schwieriger wird, ausreichend Fisch zu fangen. Motorisierte Fischerboote von ausserhalb, ausgestattet mit modernen Netzen, fischen in den traditionellen Fischgruenden von Oudomxay. Es wird auch illegal mit Dynamit (oder alten Granaten aus dem Vietnamkrieg) und "Elektroangeln" gefischt. Chinesische High-Tech-Boote fahren den Fluss auf der Suche nach Gold auf und ab. Dabei wird hochgiftiges Quecksilber verwendet, um das Gold herauszuloesen - mit gravierenden Folgen fuer den Xe Kong , seine Tierwelt und die Fischergemeiden. Weiters ist eine Serie von Staudaemmen geplant, die das natuerliche Gefuege des Flusses stark veraendern werden.
Mit seinem Projekt will der WWF den Fischergemeinden helfen, ihre Lebenssituation zu verbessern und gleichzeitig die Vielfalt an Fischarten, Schildkroeten und anderen Flussbewohnern bewahren. Ueberhaupt kein Widerspruch, denn die Bewohner von Oudomxay koennen ihre Lebenssituation nur dann verbessern, wenn auch ausreichend Fisch vorhanden ist. Das WWF Projekt steht noch am Anfang. In der letzten Woche ging es darum, erst einmal die Lebensumstaende der Dorfbewohner zu analysieren, Probleme wie illegale Fischerei zu identifizieren und erste Loesungsansaetze zu entwickeln. Als einen wichtigen Schritt haben die Fischer vorgeschlagen, einen Flussabschnitt als Schutzzone einzurichten. In diesem Abschnitt laichen viele Fischarten und es gibt "deep pools", oft mehr als 10 Meter tiefe Loecher im Flussbett, wo sich die Fische in der Trockenzeit hin zurueck ziehen. Die Idee der Schutzzone ist, dass sie sozusagen Bruttstaette fuer mehr zukuenftigen Fischreichtum sein soll. Um diese Schutzzone und andere Massnahmen umzusetzen ist es noch ein weiter Weg, denn es muessen auch Vereinbarungen mit den Fischern von ausserhalb getroffen werden. Aber ein Anfang ist mit der vergangenen Woche in Oudomxay gemacht.